Zum 30. Stiftungsfest vom 6.11.-8.11.1981 gewidmet von:
Wilhelm Hake alias Rülps
Gründungs- und Ehrenbursche
der F.St.V. Tunicaria,
Gründungs- und Ehrenbursche
der T.V. Lanificaria zu Neumünster.
Seiner Zeit - zu meiner Zeit
Erinnerungen eines Gründungsburschen
im 60. Farbensemester
an die Studienzeit, insbesondere an das
Gründungssemester 1951/1952
vivat, crescat, floreat
Tunicaria
Vorbemerkungen
Wintersemester 1951/1952
Gründungssemester der T.V. Tunicaria
heute: F.St.V. Tunicaria
Oktober 1951 Semesterbeginn
1901
wurde die Webschule gegründet
1912
wurde der Lehrzweig für die Konfektion angeschlossen, aus der später die "höhere Bekleidungsfachschule hervorging.
1951
Die Lehranstalt feiert Jubiläum.
50 Jahre Textilingenieurschule Mönchengladbach-Rheydt (ehemalige Webschule)
Leiter der Textilingenieurschule war
Herr Direktor Dr. Eigenbertz
Leiter der angeschlossenen höheren Bekleidungsfachschule
Herr Oberstudienrat Donner (unserer späterer "Salomon")
Folgende Dozenten lehrten zur Jubiläumszeit an der höheren technischen Lehranstalt in Mönchengladbach-Rheydt:
Herr Dr. Aschert
Herr Franzen
Herr Frenzel
Herr Dr. Herrmann
Herr Hoff
Herr Josten
Herr Dr. Kehren
Herr Kittel
Herr Manecke
Herr Nattkemper
Herr Schneider I
Herr Schneider II
Herr Vollmer
Herr Wiechmann
Herr Zumpe
Diese Aufzählung aus der Erinnerung (30 Jahre) entstanden, erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Erinnerungen zum Jubiläumsjahr:
Nachlese:
Der zweite Weltkrieg ging vor 6 Jahren zu Ende. Die Kriegsschäden an den Schulgebäuden sind gerade rechtzeitig unter Mithilfe der Studierenden zum Jubiläum beseitigt. Wir waren die ersten Semester, die nicht mehr zu Enttrümmerungs- und Wiederaufbauarbeiten herangezogen wurden. Aber noch sind viele Kriegsteilnehmer, Spätheimkehrer und Versehrte unter den Studierenden. Unser "Numerus Clausus" war die begrenzte Kapazität der Schule und die vorrangige Immatrikulierung der oben genannten Personenkreise. Dies erwähne ich, um zusagen, daß unsere Situation damals nicht besser war, sondern nur anders.
Drei Jahre alt ist die "Deutsche Mark"
Wenn man nun den gewaltigen Nachholbedarf, verursacht durch fast 10 magere Jahre beachtet, dann kann vielleicht verständlich werden unter welchen materiellen Opfern der Studenten und ihrer Familien damals studiert wurde. Daraus ableitend, kann man davon ausgehen, daß ein Farbenstudent der zur Kneipe ging, als einer angesehen wurde, der zum Saufgelage ging. Vielen Eltern wurde die Zugehörigkeit zur studentischen Verbindung verschwiegen, um nicht als unfairer Verschwender in der Familie angesehen zu werden.. Desto bewundernswerter sind die Studenten, die eine "hochverehrliche Textilia" damals reaktivierten. Unsere spätere Patenverbindung.
Zwei Jahre alt ist die "Bundesrepublik Deutschland"
Zwei Jahre jung ist die Demokratie. Wer wollte damals schon von den jungen Studierenden entscheiden, ob wir noch Nationalstolz haben durften , oder nicht. Aber als was waren die alten Studentischen Verbindungen bekannt, wenn nicht als Träger deutschen Kulturgutes und deutscher Tradition an den Hochschulen, wie zum Beispiel die Pflege alten Brauchtums, alter Lieder und idealer Werte, die damals doch in Bausch und Bogen infrage gestellt wurden.
Diese jungen Leute, die den Mut zum materiellen und ideellen Wiederaufbau unseres geschundenen Vaterlandes aufbrachten, waren auch die Träger der reaktivierten Bünde. Sie sagten "Ja" zum Farbenstudententum.
Am Anfang war die Textilia
Die Keilarbeit der Textilia war sehr erfolgreich, besonders im Fachbereich "Bekleidung". Die Textilia wollte aber überwiegend der Tradition getreu, Weber, Spinner und Ausrüster in ihrem Fuxenstall sehen. Sie sahen in uns das Kuckucksei und entließen uns mit der Idee: "Die Schneider brauchen eine eigene Verbindung." Wir waren damals mit 7 Studenten bereit, diese Idee zu verwirklichen. Die Textilia versprach, uns zu helfen und wurde somit zu unserer Patenverbindung.
Die Gründung
Die Gruppe der Studenten von der Bekleidungsfachschule, denen die Textilia den Floh der eigenen Verbindung ins Ohr gesetzt hat, traf sich zu diesem Zweck in meinem Stammlokal in Mönchengladbach: Regentenstraße - Ecke Schillerstraße (Ich wohnte zu der Zeit in der Goethestraße). Aus der Idee wurde eine realistische Tatsache. 7 Studenten der Bekleidungsfachschule hatten sich zusammengesetzt, um eine "studentische Verbindung" ins Leben zu rufen.
Vivat! crescat! floreat!
Die Gründer
1. Manfred Babst (unser erster Präside) später alias IKE
2. Karl-Heinz Boms später alias SMARTY
3. Wilhelm Hake später alias RÜLPS
4. Cristoph Metzger alias TRAPO
5. Alex Sandberg (unser erster Fuxmajor) später alias GENT
6. Heinz Spiekermann (unsere erste Bierorgel) später alias MAESTRO
7. Willi Steinkamp später alias VATI
Es seien an dieser Stelle noch 3 Burschen von der Textilia erwähnt (Studenten der Bekleidungsfachschule)
Klaus Stricker
Horst Schulze alias Schlot
Rolf Klimke
An die Arbeit
Wir wählten unseren ersten Präsiden Manfred Babst - einen waschechten Berliner. Genau wie unser Freund Schlot aus der Textilia, der nun keine Gelegenheit versäumte, mit den Verbindungsstudenten der Bekleidungsfachschule, denen er sich besonders verbunden fühlt, einen geziemenden Streifen zu nehmen, nicht zuletzt, weil sein Landsmann bei uns den Schläger führt. Aber auch Rolf Klimke und Klaus Stricker kommen gern und sind immer herzlich willkommen, wie alle anderen Textilianer auch. Kassenwart, Schriftführer und Fuxmajor erübrigten sich derzeit noch mangels Masse. Aber es bestand die feste Absicht, der 7 Aufrechten, dieses bald zu ändern.
Der Name
Die Suche nach einem geeigneten Namen für eine Korporation an der Bekleidungsfachschule ließ viele Fachbegriffe Revue passieren. Durch Übersetzungsversuche ins Lateinische (um vielleicht den einen oder anderen Begriff klangvoller zu gestalten) stießen wir auf den Namen eines altrömischen Kleidungsstückes: Die Tunika (altrömisches Untergewand ohne Ärmel) Die Veränderung zum "Tunikaria" war nur noch ein Gedankensprung. Allen gefiel der Name und stolz auf die Idee schritten wir zur Taufe (ich erinnere mich nur ganz schwach).
Es lebe hoch die T.V. Tunicaria
Die Farben
Nachdem nun der neue Name, entlehnt aus dem "Altrömischen" (einschl. Taufe) von seinen Vätern als gelungenes Werk bewundert wurde, gingen dieselben daran, auch eine schöne Farbkombination zusammenzustellen. Mit einem Blick auf die Farben der Nachbarverbindungen am Niederrhein, - denn wir wollten nicht nachempfinden - versuchten wir es wieder in der Antike. Wir fanden die Farben der Pharaonen aus dem alten Ägypten so schön, daß sie von allen Vorschlägen ausgewählt wurden.
Blau - Treue
Gold - Ehre
Rot - Freundschaft
Band und Mütze
Das Burschenband blau - gold - rot
Das Fuxenband blau - rot - blau
Hauptfarbe blau (Mützendeckel und spätere Pekeschen)
Ein Freund aus aus dem Bekleidungs-Kaufmannssemester, der Mützenfabrikant Brummer jr. aus Hamburg (unser Verkehrsgast Rolf Brummer später alias GROG) besorgte uns die ersten Mützen und Bänder. Unsere Kneipen wurden farbig und bekamen das typische studentische Aussehen: Kneipanten mit farbigem Band und Mütze.
Der Zirkel
Von Erfolgserlebnissen getragen, gingen die jungen blau-gold-roten Tunicaren nun an die Arbeit, Zirkel zu entwerfen, um der Verbindung ein Symbol der corporativen Tradition zu schaffen, daß alle Tunicaren zu ihrem Namenszug führen, um sich jederzeit als Tunicare mit der Tunicaria zu identifizieren und im weitesten Sinne mit dem Farbenstudentum. Der Zirkel ist ein individuelles Symbol des Bundes mit einer Beziehung zu seinem Namen und seinem Wahlspruch. Das Symbol - der Zirkel für die Tunicaria - sollte, so stellten sich damals die Gründer vor:
1. das T als führenden Buchstaben für Tunicaria
2. das v von vivat
3. das c von crescat
4. das f von floreat
enthalten und in einem Zug, ohne abzusetzen geschrieben werden können. Das Ganze mußte einmalig sein und auch noch schön und harmonisch aussehen. Das Ergebnis war
für c(rescat)
für v(ivat)
Das Ergebnis
Das Ausrufezeichen steht von der Tradition her für "satisfaktionsfähig" und in unserem Sinne damals für Technische Verbindung mit Aktivitas.
Der Wahlspruch
Die junge Technische Verbindung Tunicaria steckte sich hohe idielle Ziele und brachte das in ihrem Wahlspruch zum Ausdruck
Treue um Treue, dem Freund ein Freund
Schläger und Brett
Ohne Schläger und Brett ist eine zünftige Kneiptafel wohl kaum denkbar. Oder noch schlimmer, was wäre der Erstchargierte ohne Schläger und Brett?
In dieser Situation haben wir bei der Textilia maßgenommen und handwerklich begabte Tunicaren schufen ein Brett und malten es in unseren Farben an. Der erste Schläger war ein Degen aus dem ersten Weltkrieg, den wir auf dem Trödelmarkt auftrieben. So wurde aus unserer stammtischähnlichen Runde langsam eine zünftige Kneiptafel und allen machte es viel Freude - vor allem die Einweihung.
Studentischer Gesang und Liederbücher
Mit der traditionellen Pflege des studentischen Liedgutes haperte es bei uns noch sehr, denn
1. konnten wir die Lieder nicht
2. kannten wir die Melodien nicht
3. für Kommersbücher (Liederbücher) war kein Geld vorhanden
Aus diesem Grunde mußten uns unsere Tugenden (sprich schreibmaschinenkundigen Freundinnen) aus der Not helfen und Studentenlieder 7 x abschreiben, um so zu unserem ersten Liederbuch zu kommen. Unsere Bierorgel Heinz Spiekermann (später alias Maestro) besorgte sich die Noten und unsere Kneiptafel war nicht nur bunt, sondern auch melodisch und durch den Fleiß der Damen wurden unsere Gesänge immer abwechslungsreicher, unsere Abende schöner und mancher lustige Bierquatsch rollte schon ins Glas.
Die Bierspitze
In frohen Stunden des Beisammenseins und unserer gemeinsamen Arbeit an der Idee lernten wir uns näher kennen und wie kann es anders sein, auch die typischen Schwächen. Die letzteren wiederum gaben oft Anlaß zu herzhaftem Gelächter und kameradschaftlichen Späßen in herrlicher Bierlaune. Letztendlich und endlich (wie der Herr Studienrat Knittel immer sagte), war das auch of der Anlaß, die Namen unserer Bierspitzrunde zu vervollständigen.
Was lag also nächer, als dem Berliner Manfred Babst den Bierspitz Ike (sprich Ikke) von "ike Berliner" anzutragen und natürlich sofort zur Taufe zu schreiten.
Als Anerkennung für die musikalischen Leistungen unseres Heinz Spiekermann, dem Meister an der Bierorgel, tauften wir ihn auf den Namen Maestro - ein kleines Dankeschön von uns.
Karl Heinz Boms wurde für sein smartes Auftreten mit dem Bierspitz Smarty belohnt. Ähnlich erging es unserem Alex Sandberg alisas Gent, als Ableitung von Gentleman.
Wir hatten auch einen Erfinder unter uns. Was lag näher, als den Vater dieser guten Idee - unseren Willi Steinkamp Vati zu taufen.
In einem harten Disput zwischen Preussen und Bayern, die Bayern vertreten durch Christoph Metzger, zog sich unser lieber Christoph auf die Behauptung zurück, daß das bayerische Bier unübertroffen sei. Die Preussen waren der Meinung, daß man das Zeug hier oben im Norden nicht trinken könne, worauf Christoph konterte, dann sei es wohl transportgeschädigt und somit hatte er seinen Bierspitz Trapo weg.
Der Rülps hat seinen Namen, man mag es ahnen, vom zünftigen Trinken. In der Fidelitas habe ich den Stiefel, - der vom rechten Nachbar Schlot kam - leergetrunken, um meinen Geldbeutel zu schonen. Schlot mußte den nächsten Stiefel auf Reisen schicken und mein lieber Nachbar Ike wünschte sich das Gemäß, um mich zum nächsten Opfer zu machen. Jedoch zwang mich mein Geldbeute ihn leer zu trinken, so leid es mir auch um unseren lieben Schlot tat. Nach getanem Zug meldete s der Landfunk mit einem kräftigen Rülpser, "der Willi ist satt". Diese Chance ließen sich Ike und Schlot nicht entgehen und die Corona war schnell zur Taufe des Rülps bereit. Ich glaube, es war ein schöner und gelungener Abend.
Der Comment
Parallel zu unserer geschilderten Arbeit, die den äußeren Rahmen, das Etikett prägte, mußte nun durch Arbeit an uns selbst, die äußere Symbolik verinnerlicht werden. um Tradition und Sinn des farbenstudentischen Corpsgeistes zu erfassen.Das war für uns sehr schwer, denn alle waren wir im wahrsten Sinne des Wortes noch "krasse Füxe".
Teilnahme an den Fuxenstunden der Schwesterverbindung un vor allem die Gäste derselben, halfen uns den Comment zu verstehen und richtig anzuwenden. Unser guter Wille und die harte Disziplin, die der Präside Freund Ike von uns forderte, halfen uns mit dem Brauchtum vertraut zu werden.
So gerüstet schritt die Tunicaria ins 2. Semester und bald konnte unser Gent als erster Fuxmajor schon Erfolge verzeichnen, wovon noch zu berichten wäre.
Im Hinblick auf unser 30. Stiftungsfest und 60. Farbensemester
meine ich:
Es war eine gute Arbeit